Wie will man aber unter all diesen Voraussetzungen dann überhaupt noch einen Diskurs führen? Es wird doch jetzt (erst) von der Regierung in Sachen Atompolitik gefordert einen breiten gesellschaftlichen Dialog zu führen (wieso wird dann seitens der Regierung das Parlament nicht daran beteiligt, sondern per Moratorium ergebnisoffen entschieden?). Atompolitik ist ein innenpolitisches Thema. Natürlich hat es auch eine internationale Komponente und der Staat und seine Vertreter haben die Aufgabe dies auf internationaler Ebene entsprechend zu bewerben. Für mich bleibt aber dennoch als Bürger nur die Handlungsmöglichkeit im eigenen Lande und ergänzend durch das Engagement in NGO's auf internationaler Bühne.
Was den Vorwurf der Rechthaberei angeht - damit kann ich ebenfalls dienen: Für mich ergibt sich keine Notwendigkeit die Bedrohung der Atomtechnologie neu zu bewerten. Das hat zum einen damit zu tun, dass ich kein Spezialist bin und nur dürftig informiert (was ich mit dem größten Teil der Bürger teile und - wie ich polemisch anmerken möchte - mit einem ebenso großen Teil der Politik. Aber dazu später mehr.) Deswegen war ich in Bezug auf die Situation in Deutschland auch nicht beängstigter, als ich es ohnehin bin. Natürlich stellt sich die Frage nach einer Bewertung der Katastrophe. In innenpolitische Rage geriet ich erst, als ich die Bundesregierung panisch auf die Katastrophe reagieren sah. Warum?
- Eine Koalition, die bisher der Atomlobby den Weg geebnet hatte, geriert sich als Vorreiterin der erneuerbaren Energie.
- Ab jetzt: Sicherheit vor Wirtschaftsinteressen. - Das ist kaum zu kommentieren.
- In der Bäumchen-wechsel-dich-Rethorik werden die Grünen und die Spd zu Bremsern des Atomausstiegs.
- Und Röttgen entdeckt jetzt, nach Japan, die ethische Dimension der Atomkraft (der Arme bekommt eine zweite Chance für eine Politik, die er schon einmal umsetzen wollte. Von der lahmen Ente zum energiepolitischen Macher? Aber zu welch einem hohen Preis! Röttgen war mit der Laufzeitendebatte gescheitert. Jetzt ist er eine Brückenbminister. Er wird zum Garanten einer umsichtigen Umweltpolitik bis diese Regierung sich neuen Wahlen stellen werden muss. Ich mache mir nicht große Sorgen hinsichtlich der Zukunft dieser Regierung. Sie pflastert ihren Weg durch die Legislaturperiode mit politischen Fehlern mit gesellschaftlicher Wirkung, so dass genug bis in den Herbst 2013).
Als mein Ärger nachlässt fällt mir auf, dass sich eine Verschiebung der Argumentationsfäden aus dem plötzlichen Ausscheren von der bisherigen Atomideologie der Koalitionsparteien ergibt. Es zeigt sich nämlich, dass der Weg, der ohne die Grünen undenkbar wäre, hin zu erneuerbaren Energien, weg von der Atomkraft eine zukunfts- und technik-freundliche Einstellung geworden ist. Ich werde mir wohl in Zukunft seltener anhören müssen ich sei ein Bremser? Ich wäre einer grünen Ideologie erlegen, wenn ich von Nachhaltigkeit spreche? Immerhin ein Gewinn!Es zeigt aber eben auch, das diese Koalitionsregierung nicht Zukunftsfähig ist. Sie erkennt die energiepolitischen Notwendigkeiten nicht und ist, siehe E10, Laufzeitenverlängerung, entweder unfähig ihre Politik zu verkaufen, oder - viel grundsätzlicher: unfähig eine Politik zu machen, die zukunftstauglich ist. Sie hat aber wohl von Guttenberg gelernt. Sie ist in der Lage zu Plagieren.
Noch etwas fiel mir auf. Die Umfragen zeigen, dass der Ausstiegswille in der Bevölkerung zugenommen hat. Was bedeutet das eigentlich? Meine Ablehnung empfand ich immer aus guten Gründen für konstant. Meine Empörung gegenüber der Regierungspolitik von vor drei Wochen war groß, aber die Erfahrung als Wähler für eine vernünftige umweltorientierte Politik, hat mich gelehrt geduldig zu sein. Wer hat denn da also die Seite gewechselt? Wem ist da die Kinnlade herunter gesackt? Frau Merkel wird mir recht geben, wenn ich da eine ganze Masse CDU-Wähler vermute, die bisher an die Mähr des Restrisikos glaubte.
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