Mittwoch, 23. März 2011

Philip K. Dick - Marsianischer Zeitsturz

Die Geschichte die Philip K. Dick da erzählt, ist schnell zusammengefasst:

Die Erde ist gnadenlos überbevölkert. Die Besiedelung des Marses wird von dort aus betrieben. Die Menschheit hat zu dem mit der Last weit verbreiteter psychotischer Störungen zu kämpfen. Unter diese Störungen fallen unter anderen der Autismus, aber auch genetische Defekte werden von der Gesellschaft isoliert. Die Siedlungen des Mars sollen davon frei bleiben. Dennoch sind auch auf dem Mars Menschen von psychischen Krankheiten und leichteren Neurosen geplagt. Und es werden Kinder geboren, die auf die eine oder andere Art abnorm sind und Autisten sind auch unter ihnen. Sie werden in einer Pflegeanstalt betreut.

Diese psychischen Störungen, so wirft eine Theorie in dem Buch auf, verändern in einer Weise die Zeitwirklichkeit, dass es möglich wird Vergangenheit und Zukunft zu manipulieren. Oder so. Jedenfalls ändert diese Tatsache das vormals abnorme in eine besondere Gabe, derer sich ein geschäftstüchtiger Politiker bedienen möchte um ein profanes, aber lukratives Geschäft zu seinen Gunsten abwickeln zu können.

Nebenher lässt K. Dick sein Personal über Wirklichkeit, Norm und die Gesellschaft nachdenken. Das ist recht interessant und, wenn man bedenkt, wann der Roman geschrieben wurde, ziemlich visionär. Wie oft bei guter SF fühlt man sich während des Lesens bald schon überholt, selbst wenn die Technikversprechen der Vergangenheit noch nicht erfüllt sein sollten. Dies gilt bei Dick vor allem für die Fragestellung hinsichtlich des Umgangs der Gesellschaft mit der nicht normierbaren Existenz des Menschen, die eben auch Behinderungen für das Leben bereit hält und sich in verschiedensten Formen manifestiert. Die PID-Debatte nimmt er in diesem Sinne vorweg. Jedenfalls  kann man das Buch so lesen und den Wunsch jener Gesellschaft, sich der als Krankheit und Hindernis und Kostenfaktor empfundenen Nicht-Normierbaren zu entledigen, als Analogie zu der heutigen Debatte sehen.

Die Personen wirken eher eindimensional. Sie tragen die Fragen die der Autor in seiner Geschichte entwickelt und wirken dabei aber etwas stereotyp, nicht sehr lebhaft, obwohl Dick es versteht die Motivation der Handelnden glaubhaft heraus zu arbeiten. Beeindruckend allerdings sind jene Szenen, in denen sich Dick darin versucht die Erlebniswelt und Wirklichkeit der psychotischen Charaktere nach zu vollziehen.

Der Roman ist in der 2005 in einer Philip-K.Dick Taschenbuch-Edition im Heyne-Verlag erschienen, in schönem blauen Nadelstreifen. Laut Amazon scheint das Buch in der Form nur noch antiquarisch auffindbar zu sein. Es gibt jetzt bei Heyne wohl auch einen Sammelband mit dieser Story und der Vorlage zu Blade Runner, eine Geschichte, die ursprünglich Träumen Robotor von elektrischen Schafen hieß und dem Roman Ubik. Wie auch immer.  Mein Buchhändler wird sicherlich die ein oder andere Ausgabe für den Leser auffinden können. Immerhin hat er auch antiquarisches zu bieten.

Diese Buch war kurzweilig. Es ist niederschwellige Literatur mit hochwertiger Fragestellung. Ich kann es empfehlen. Jetzt freue ich mich schon auf Ubik. Mein Buchhändler hat es mir erst neulich geschickt.

weiterführende Links:

sf-fan über Philip K. Dick


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