Freitag, 1. April 2011

Die Leiche

Den jungen Preisträger der Leipziger Buchmesse ist auf zehnseiten zu sehen und zu hören. Er trägt eine skurrile Geschichte vor über eine Frauenleiche und ihren scheinbar am Tode der Frau unbeteiligten Mann, der damit fertig werden muss, dass diese Frau, die Leiche (so auch der Titel der Geschichte), bei ihm in der Wohnung liegt.

Mir gefällt die Beschreibung des Teppichs am besten, dem der Autor eine wunderbare stoffliche Schwere verleiht, dass man mit dem Ich-Erzähler übereinstimmen möchte, dass es kaum angebracht sei die Leiche darunter zu verstecken.

4 Kommentare:

  1. Naja, ich finde die Erzählung ganz nett. Der Autor ist um ein skurriles Setting bemüht, aus dem heraus dann mit einer gewissen Selbstverständlichkeit erzähl wird. Die naheliegenden Fragen stellt er nicht. Hierin liegt der Effekt beim Leser: Ständig ist man geneigt zu fragen, wie die Leiche dort hinkommt, wer es ist (er kennt sie offenbar nicht) und warum er sich nicht wundert. Setz stellt den Protagonisten mit seinem merkwürdigen Verhalten fast aus. Das finde ich eher bescheiden, weil es so einfach ist.Die Szene kippt dann gelegentlich ins fast loriothafte um, wenn es um die Verstauung der Leiche geht; bspw. im Schrank (das sind dann fast die besten Momente) und am Ende stolpert er wie in "Dinner for one" der Butler über den Tigerkopf über die Leiche.

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  2. Ja, ganz nett. Man hat den Eindruck bevor er zu lesen beginnt, schmunzelt er schon, weil er um den Effekt seiner Geschichte weiß. Auf Dauer ist das dann Commedy oder eben langweilig. Das ist lustig und nicht genial - aber auch nicht unbedingt pubertär.

    Schreiben und Erzählen kann er jedenfalls und es ist doch schön wenn Autoren, die irgendwie noch am Anfang stehen, sich noch steigern können dürfen. Dem armen (jungen) Kehlmann hat man doch die Luft zum Atmen genommen. Capote hat nach seinen frühen Erfolgen irgendwann nur noch gelitten und nichts mehr auf die Reihe gebracht.

    Ich würde vorschlagen: Bewährung!

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  3. Immerhin ist die "Bewährungsstrafe" der Leipziger Buchpreis! Und da frag' ich mich schon: War bei den anderen nichts Besseres? (Habe diesmal nichts gelesen von den zur Auswahl stehenden Büchern.)

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  4. Ja gut. Aber das kann man ihm nicht vorwerfen. Ebensowenig den Ruhm, den er jetzt mitnehmen darf und ein wenig Preisgeld. Es gab mit Sicherheit etwas Besseres! Aber die Juroren wollen ja Wunderknaben und Wunderfräuleins, alles Genie und jung usw.

    Vielleicht ist aber auch die Erwartung an den Preis zu hoch. Ich habe selten, außer den Turm, mit derselben Anerkennung gelesen, die den Titeln durch den Preis zuteil wurde. Ich habe aber auch nicht alle gelesen.

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